Tageslicht-Forschung

 

Bereits in den 20er Jahren setzt sich Wilhelm Büning mit dem Thema "Angemessenes Tageslicht im Hochbau" auseinander. Vor dem Hintergrund der miserablen Lichtverhältnisse in den Berliner Wohnquartieren aus dem 19. Jahrhundert sucht er nach einem wissenschaftlich fundierten Weg, die erforderliche Größe der Fensteröffnungen in Wohnbauten und Arbeitsstätten bereits im Planungsprozess zu bestimmen. 

Erstmals im Jahr 1935 veröffentlicht er zusammen mit Prof. W. Arndt, Leiter des Beleuchtungstechnischen Institut an der TH Berlin, die Ergebnisse ihrer Arbeit:

"Der Mensch hat in seinen Wohn- und Arbeitsräumen ein Recht auf Tageslicht. Die Fenster lassen das Himmelslicht einströmen. Ihre übliche Anordnung in der lotrechten Wand verbindet dabei gefühlsmäßig den Bewohner mit der Außenwelt. Räume ohne Fenster oder mit solchen, die keinen Ausblick gewähren, erregen das Unlustgefühl gefängnisähnlicher Abgeschlossenheit. Dunkle Räume können daher auch durch künstliches Licht, mag es beleuchtungstechnisch  dem Tageslicht noch so verwandt sein, niemals vollwertig beleuchtet weden. Denn das künstliche Licht kann die psychologischen Wirkungen des Tageslichtes nicht ersetzen...So hat die Berliner Bauordnung vom Jahre 1853 trotz der darin ausgesprochenen Forderung "hinreichender Tagesbeleuchtung" Wohnräume zugelassen, die an 22 m hohen Höfen mit einer Grundfläche von 5,34 x 5,34 m liegen. Die Räume der unteren Geschosse, die von solchen Höfen ihr Licht erhalten, sind zu jeder Tageszeit ungenügend beleuchtet und nur als Höhlen zu bezeichnen...

Um zu einer brauchbaren, einen klaren Maßstab bildenden Begriffsbestimmung der hinreichenden Tagesbeleuchtung zu kommen, sind zwei Aufgaben zu lösen:

1. Der unbestimmte Ausdruck der "hinreichenden Tagesbeleuchtung" der Aufenthaltsräume muss durch zahlenmäßig festgelegte Mindestwerte ersetzt werden.

2. Es ist ein Verfahren zu ermitteln, nach dem auf Grund dieser zahlenmäßig festgelegten Mindestwerte die notwendige Fensterfläche für einen Raum gegebener Größe und gegebener Lage zur Außenwelt bestimmt wird. Das Verfahren soll leicht anwendbar sein." 21

In Abhängigkeit von Größe und Zuschnitt des Raumes und seiner Beziehung zur außen liegenden Umgebung entwickeln sie ein Tabellenwerk, das eine einfache Ermittlung der erforderlichen Fenstergröße bietet.

In Konsequenz dieser Tageslicht-Notwendigkeiten fordert er:

"...Häuser unterliegen wie alle Gebrauchsgegenstände dem Gesetz der Wertminderung. Die notwendigen Abschreibungen müssen heute in verstärktem Maße, und zwar nicht nur buchmäßig, sondern am Gebäude selbst mit der Spitzhacke, vorgenommen werden. In vielen Fällen wird schon die Vergrößerung der Fenster oder die Verringerung der Raumtiefen die Räume den belichtungstechnischen Forderungen anpassen. Gelingt das nicht, so müssen Gebäudeteile abgerissen werden, um den stehenbleibenden das notwendige Tageslicht zuführen zu können. "21

Auch nach 1945 widmet er diesem Thema breiten Raum. 1949 wird das "Hygienische Memorandum zum Wiederaufbau des deutschen Wohnungswesens" verfasst.25 Darin werden 5 Kriterien benannt, die ein Wohnraum hinsichtlich des Tageslichteinfalls erfüllen muss. Büning entwickelt ein einfaches Rechen- und Tabellenwerk, um dem Praktiker ein Planungs- und Kontrollinstrument an die Hand zu geben,  "Angemessenes Tageslicht im Wohnungsbau".22 

Diese Forschungsarbeiten führten unter seiner Leitung 1957 zur DIN 5034  „Leitsätze für Tagesbeleuchtung“.