Wohnhaus Carl Büning, Borken

 

 

 

 

Dieses Haus ist sein erster realisierter größerer Bauauftrag. In Briefen an Marie Piltz, seiner späteren Ehefrau, beschreibt er den Weg vom Auftrag bis zum Einzug der Bauherren. Dabei werden auch die Selbstzweifel am Entwurf und die Schwierigkeiten mit dem Bauherrn und den Behörden spürbar.  2

"...Ausser einer kleineren Arbeit für meine Schwester, bekam ich einen großen Auftrag von meinem Bruder, der sich ein Haus bauen will. Es ist mir eigentlich nicht klar was er damit will, er ist weder verlobt noch verheiratet aber ein Haus will erhaben. Und zwar gleich ein grosses für eine respektable Familie. Die Aufgabe ist sehr interessant und musste daher die ganzen Osterferien am Zeichentisch sitzen. Als dann das Semester begann meinten meine Eltern ich solle doch lieber mein Examen machen, wovon ich eigentlich nicht viel im Kopf habe. Es wurde mir nahe gelegt nach Charlottenburg zu gehen weil dort am meisten gearbeitet wird. So sitze ich nun hier zwischen den Arbeiten für meinen Bruder und den Examensnöten und weiss kaum wo ich anfangen soll und den ganzen Ballast klein zu kriegen..."(10.6.03)

"…Mein Bruder hat mit dem Bau noch immer nicht beginnen können da die Polizei ihm noch immer nicht die Bauerlaubnis geben will. Jetzt will ihn die Polizei zwingen ein 2 m breiten Streifen den er abtreten musste in der ganzen Länge seines Besitzes brach liegen zu lassen weil es möglich ist das in unabsehbarer Zeit einmal die Strasse erbreitert werden könnte. Da ich nicht wusste was ich machen sollte habe ich mir mein Zimmer neu eingerichtet. Es kostete einen 14tägigen erbitterten Kampf mit meiner Mutter, welche es nicht dulden wollte, dass all die kleinen und grossen Scheusslichkeiten heraus befördert wurden. Schliesslich bin ich doch alle losgeworden teils durch List teils durch „Unglücksfälle“…"(21.8.03)

"…Es war mir leider nicht möglich in Okt. nach Dresden zu kommen, da ich erst am 1te Nov. hierher gefahren bin und da war es natürlich die höchste Zeit mich auf die Arbeit zu stürzen. Ich hatte die Abfahrt so weit heraus geschoben wie es eben möglich war. Da ich den Bau noch gerne ganz unter Dach gesehen hätte. Leider gelang das nicht mehr, da wir durch die Chikane der Polizei aufgehalten, erst Mitte Sept. beginnen konnten. Der erste Bau ist eine schauderhaft aufregende Sache, sogar mein sonst ziemlich constantes Gleichgewicht merklich ins wankeln. Die dumme Frage, wird es auch wirklich so wirken wie du es gedacht hast, sitzt einem immer im Nacken. Die schönste Seelenruhe geht dabei flöten, es ist schad drum. Jetzt sitze ich hier in höchsten Examensnöten; nach Ostern soll ich Examen bauen und – brr. Ich mach nicht dran denken…"(22.11.03)

"…Was der Hausbau macht fragen Sie? Nun das Haus steht jetzt wieder nachdem es eine Zeit lang auf dem glitschigen Torf herumgeratscht war und dabei bedenkliche Risse bekommen hatte. Sonst bin ich mit dem Bau leidlich zufrieden; das Dach ist sogar recht gut geworden. Glossiert wird er natürlich genügend aber ihm tut es keinen Schaden und mich stört es nicht sonderlich. Ich hoffe Ihnen ein Type [Foto] mit bringen zu können..."(23.12.03)

 

Rohbau 1903

"…Nehmen Sie es mir nicht übel, aber offen gesagt, Ihre Kritik hat mich ein wenig erheitert. Die Photographie schmeichelt, der Vordergrund etc. lässt das ganze interessanter erscheinen als es ist. In Wirklichkeit ist ein recht grosser Posten herzlichster Langeweile dabei. Vor allem täuscht die Photographie über den Kardinalfehler hinweg, dass das Haus viel zu nahe der Stadt liegt. Das Haus hat nicht den Karakter eines zur Stadt gehörigen Wohnhauses sondern eines für sich allein weit draussen liegenden Landhauses. Und das ist ein Hauptfehler, der nicht übersehen werden darf. Ich habe mich darin leider viel zu sehr durch die Wünsche meines Bruders bestimmen lassen. Das ändert aber leider die Tatsache nicht das ich den Fehler gemacht habe. Aber sehen Sie sich die Sache nur genauer an so werden Sie finden, dass in dem kleinen Giebel das Oval zu hoch und die darunter liegenden niedrigen Fenster zu sehr nach den Seiten des Giebels hingerückt sind und dass die Windfedern des oberen Dachhäuschens zu hoch am Dach herauflaufen. Das letztere fällt zwar auf der Photographie nicht so sehr auf in der Wirklichkeit aber sehr stark, da die Windfedern weiss gestrichen sind..."(2.2.04)

"...Seit ich Dir zuletzt schrieb ging die Hetzerei unentwegt weiter. Das Waschhäuschen muss gegründet werden und zwar wegen des kritiklos schlechten Bodens auf Pfählen. Das macht natürlich viel Arbeit. Weiterhin habe ich die Stuckateure an der Arbeit und den Zaun in Arbeit gegeben... Die Arbeiten für Rave kommen allmählich auch in Schuss. Der Thorbogen zwischen den beiden Gebäuden wird ebenfalls gemacht. Überhaupt bin ich mit dem Herrn Rave sehr gut fertig geworden. Ich wollte mein Bruder könnte sich auch so leicht entscheiden. Mitten zwischen der Arbeit schreibe ich Dir in aller Eile denn gleich kommt nun die Braut meines Bruders mit ihrer Schwester und dann ist es wieder aus mit der freien Zeit…"(6.4.05)

"…Heute morgen früh um 6h bin ich hierher gefahren um mich in der Plattenfabrik nach geeignetem Material für den Kamin umzusehen. Ich habe eingesehen dass es mit den alten Delfterplatten nicht geht sie wurden zu sehr aus dem Rahmen fallen. Die hiesige Fabrik liefert bessere Waren als ich sie je in Deutschland im Handel sah. Ich hoffe zu einem annehmbaren Preis was recht hübsches zu bekommen. Es ist jetzt halb 3h nach deutscher Zeit Halb 4h. und ich will gleich nach Amsterdam um es mir Morgen wenigstens flüchtig anzusehen. Auf die Bauten Berlages bin ich sehr gespannt. Soeben habe ich hier einen Teil der Universität besichtigt der offenbar von einem Schüler Berlages gemacht ist recht gut doch etwas kalt. Es wird hier viel und recht modern gebaut, wenn es auch nicht immer sehr glückt so stösst es doch nicht. Neben dem Neuen sind prächtige alte Patrizier Häuser vorhanden. Alles geht zu ganz prächtigen gesamt Bildern zusammen in denen selten etwas stört. Was das heissen will wird man hier gewahr in Deutschland selten…"(Utrecht 16.4.05)

"… Am Bau haben wir die letzten Tage tüchtig gearbeitet das Waschhaus ist aufgestellt worden und die Mauer begonnen. Innen sind wir auch gut weiter gekommen. Der Garten ist jetzt einigermassen bepflanzt worden. Das Gitter ist in Arbeit etc. Ich hoffe ich in einiger Zeit so weit zu sein dass ich auf einige Zeit verschwinden kann…Der Kamin für meinen Bruder (die zweite Zeichnung) ist bestellt und kostet incl. Verpackung ab Utrecht 110 Gulden, ich finde das sehr billig. Der Holländer schrieb sehr erbaut von dem Entwurf und wollte sich ein Vergnügen daraus machen, das es sowohl für ihn als für mich eine gute Reklame sein würde…"(21.4.05)

Waschhaus und Wohnhaus

"…Gestern bin ich den ganzen Tag wie wildherum gesaust da ich die Arbeiten sehr wenig voran geschritten fand. Nur die Anstreicher waren in Schuss und ich wäre Dir daher sehr dankbar wenn Du noch bald einige Schablonen schicken wolltest, ich finde wirklich keine Zeit etwas zu machen…"(12.7.05)

Bereits bei seinem ersten Bau hilft ihm Marie Piltz mit Entwürfen für dekorative Elemente:

"Liebe Marie

Für Deine lieben langen Brief wie für die Zeichnungen herzlichen Dank. Du hast ja eine Unmenge Sachen geschickt, zu viel, dass ich sie gar nicht alle verwenden kann. Das Zimmer mit den Rosenzweigen macht sich tadellos, das mit den Fuchsienkränzen(?) nicht ganz so günstig aber doch sehr hübsch. Von den vielen hübschen Sachen, die Du geschickt hast kann ich leider nur noch zwei verwerten da wir die Balken weiss gelassen haben und daher von einer weiteren Verzierung abgesehen haben, ich fürchtete es möchte zu viel werden…. Etliche Sachen gedenke ich bei Rave od. Küster noch zu verwerten….es ist verdammt viel auf dem Bau los..."(20.7.05)

"…Die Girlande in Gelb und Grün will ich noch verwerten wie auch die verbundenen Vierecke. Der Kamin ist angekommen und ich bin seit einigen Tagen mit der Aufstellung beschäftigt eine ziemlich anstrengende Arbeit. Es sind etwa 1500-2000 Steinchen von denen jedes seinen bestimmten Platz hat. Der Maurer kann natürlich nicht allein damit fertig werden ich muss ihm die richtigen Steine geben und also den ganzen Tag dabei sein…"(27.7.05)

"…Der Kamin hat ungemein viel Arbeit erfordert ist dafür aber auch tadellos und wirkt geradezu monumental…"(3.8.05)

"…Die jungen Bünings [Carl und Paula auf Hochzeitsreise] haben schon 2 ganze Ansichtskarten hierher geschickt. Sie sind jetzt nach Lugano gefahren weil es in der Schweiz zu viel regnete. Das Haus wird, wenn mich nicht alle Möbelhändler verlassen, ziemlich fertig werden….Am Sonnabend kam ein Herr aus Essen zu mir auf den Bau ihn zu besichtigen. Er will sich ein Landhaus bauen in der Gegend von Essen und konnte nirgends finden was er wollte. Er schien ziemlich zufrieden zu sein da er am anderen Tag mit seiner Schwester wieder kam um auch der das Wunderhaus zu zeigen…"(8.8..05)

"…Über den Bau meines Bruders habe ich mich in den letzten Tagen gräulich geärgert. Der Dekorateur kam mit dem gesamten fertigen Gardinen etc. hierher und wollte mir die Fenster in so unglaublicher Weise zurichten, dass ich ihn nicht habe weiter arbeiten lassen. Ich warte nun schmerzlich auf einen Vertreter der Firma um mich mit ihm auseinander zu setzen. Bin gespannt wie die Sache ausläuft, ich werde jedenfalls nicht viel nachgeben…"(4.9.05)

"…Morgen kommt mein Bruder zurück, es ist noch viel zu tun..."(14.9.05)

"…Meine neue Schwägerin und mein Bruder fühlen sich im ganzen schon recht wohl im neuen Haus und haben sich ganz gut eingelebt. Das Esszimmer ist recht mollig ich bin fast jeden Abend da, wir sitzen dann zusammen am Feuer das wirklich famos ist. Die beiden waren 8 Tage in München und haben sehr nette Sachen mitgebracht. Vor allem recht gute Töpfereien..."(22.9.05)

"…Mein Bruder und meine Schwägerin Paula sind ein unglaubliches Völkchen. Das Haus war noch in genau demselben Zustand wie vor 3 Monaten. Kein Bild aufgehängt kein Zimmer ausser dem Esszimmer in Benutzung. Doch fühlen sie sich sichtlich pudelwoh. Ich ging am Donnerstag abend noch rüber und kam mitten in ihre Weihnachtsbescherung die unter anderem in Kinderschuhen –Strümpfchen Kleidchen und anderen Kindereien bestand. Na-ja."(23.12.05)

um 1950

Der Bauherr der Textilfabrikant Carl Büning verstarb bereits im Alter von 38 Jahren, nur 5 Jahre lebt er mit seiner Familie in diesem Haus. Die heutigen Bewohner haben das Haus behutsam renoviert, sodass der Charakter des Hauses unverändert erhalten blieb.